Sonntag, 15. April 2012

35. Spieltag: SV Sandhausen - VfB Stuttgart II 14.04.12 | 1:0

Noch zehn Minuten nach Abpfiff wurde der Sieg gegen die Amateure des VfB Stuttgart (1:0) von Mannschaft und Anhang frenetisch gefeiert. Nicht etwa, wegen des Sieges selbst, sondern weil der SV Sandhausen durch den Heimerfolg drei Spieltage vor Schluss drei Punkte vor Aalen und acht Punkte vor Chemnitz in der Tabelle liegt. Nach diesem knappen Erfolg, der durch ein Eigentor entschieden wurde, waren sich alle sicher: Das war der entscheidende Schritt zum Aufstieg in die 2. Bundesliga, denn aus den drei verbleibenden Partien müssen die Sandhäuser gerade einmal einen Punkt holen, dann ist ihnen der Aufstiegsplatz nicht mehr zu nehmen. Dass dies gelingt, daran zweifelt niemand mehr im 14.500-Einwohner-Dorf und so schallte der bekannte Fangesang "Nie mehr 3. Liga", gesungen von Mannschaft und Fans, durch das Hardtwaldstadion. Selbst der eifrige RNZ-Sportredakteur Wolfgang Brück wurde so mehrere Male von den Spielern abgewiesen, weil diese einfach nur den Moment genießen wollten. Frühlingsgefühle in Sandhausen.


Vor dem Spiel:


Der SV Sandhausen wollte im Baden-Würtemberg-Derby unbedingt drei Punkte holen, denn das Motto dieser Saison lautete bis dato: Zu Hause hui, Auswärts pfui. Das hatte man auch unter der Woche in Saarbrücken gesehen, als die Mannschaft den Saarländern gnadenlos unterlegen war. Da nach den Amateuren des VfB nur noch die starken Heidenheimer an den Hardtwald kommen und man davor nach Münster und nach Osnabrück fahren muss, wäre alles andere als eine Niederlage nicht nur eine große Enttäuschung, sondern könnte der entscheidende Auslöser dafür sein, dass der SVS doch noch auf einen dritten oder vierten Platz verdrängt wird. So fragten sich viele Fans im Vorfeld der Partie, wie die Mannschaft die nur vier Tage zurückliegende Auswärtsniederlage verkraftet hatte.

Zwei Änderungen nahm Gerd Dais in seiner Aufstellung vor. Der wiedergenesene und schmerzlich vermisste Abwehrrecke Daniel Schulz rückte wieder für den gegen Saarbrücken katastrophal spielenden Ole Kittner in die Innenverteidigung. Aykut Öztürk wurde in Saarbrücken nach der Halbzeit eingewechselt, überzeugte sehr und schoss das Anschlusstor. So gab ihm Dais diesmal von Beginn an die Chance sich zu beweisen. Für Öztürk musste Nico Klotz auf der Bank Platz nehmen.

Für die Stuttgarter ging es in dieser Partie um nichts mehr, weder nach oben, noch nach unten ist in den restlichen Partien noch etwas möglich. Allerdings haben die Schwaben ihre letzten drei Partien allesamt gewonnen und einige der jungen Akteure drängen ja auch in den Bundesligakader und wollen in der dritten Liga zeigen was sie können.

Zum Spiel:


Das Spiel begann und Sandhausen war, im Vergleich zur Leistung in Saarbrücken, nicht wiederzuerkennen. Die Gastgeber spielten engagiert nach vorne und drängten von der ersten Minute an auf einen Treffer. Das Spiel verlagerte sich nahezu komplett in die Hälfte der Stuttgarter, die sich von Anfang an dazu gezwungen sahen, sie nur noch auf das Verteidigen zu reduzieren, da bei den Sandhäusern ein enormer Wille von Anfang an da war. Die Mannschaft hatte sich wohl an diesem Tag vorgenommen, dass sie nicht erst in der zweiten Halbzeit anfangen wollten zu spielen, wie es in den letzten Spielen der Fall war.
Die Hausherren hatten so in der erste Halbzeit sehr viele Chancen. Doch Öztürk (zweimal), Ulm, Schauerte, Danneberg, Schulz und Löning fehlte die letzte Präzision bzw. auch die letzten Konsequenz im Abschluss. Aykut Öztürk war bis dahin eine echte Bereicherung für das Spiel, zwar merkte man, dass er gegen Ende der ersten 45 Minuten etwas auf die Bremse treten musste, aber wen wundert das bei jemandem, der so wenig Spielpraxis bekommt.
So ging es torlos in die Pause, obwohl der SVS den Stuttgartern haushoch überlegen war, aber einfach seine Chancen nicht genutzt hat. Trotzdem: Die 4490 Zuschauer, unter denen sich der ehemalige Baden-Würtembergische Ministerpräsident Günther Oettinger befand, sahen ein schnelles und chancenreiches Spiel, das einzige was bis dato fehlte, waren die Tore. Spielerischer Höhepunkt der ersten Hälfte war wohl der Pass per Hacke von Tim Danneberg auf Julian Schauerte, da hat sich wohl der ein oder andere Erstbesucher am Hardtwald gewundert, was Drittligaspieler so alles können.


Die zweite Hälfte begann mit einer Aktion, die man im gesamten Spiel noch nicht gesehen hatte: Der VfB Stuttgart II hatte in der 48. Minute seinen ersten Schuss aufs Tor der Hausherren, der Ball ging jedoch ans Außennetz, weil er aus einem zu spitzen Winkel kam. Es war also eher eine Verzweiflungstat. Danach nahm alles wieder seinen gewohnten Gang auf. Sandhausen ackerte und wollte das Tor erzielen. Nach einem Freistoß von David Ulm brachte Daniel Schulz nicht genügend Druck hinter den Ball und setzte ihn leicht neben das Tor. Auch Danneberg war mit seinem Distanzschuss nicht erfolgreich. Dann war Schluss für den eifrigen Aykut Öztürk. Für ihn kam Danny Blum ins Spiel.
Nur noch Sandhausen spielte. Kurz darauf hatte Marco Pischorn eine Doppelchance, doch das 7. Saisontor gelang dem Innenverteidiger des SVS gegen seinen ehemaligen Verein heute nicht. Auch David Ulms Distanzschuss geht in der Folge über das Tor.
Doch dann ist es soweit: Tim Danneberg eroberte sich am Mittelkreis den Ball und rannte zielstrebig in Richtung des Strafraums der Gäste, auf der linken Seite lief Frank Löning mit. Als Danneberg merkte, dass er von zwei Gegenspielern bedrängt wurde und dass Löning mitgelaufen war, wollte er, nach eigener Aussage im Interview nach dem Spiel, den Ball durch die Schnittstelle auf Löning spielen, doch der Pass kam nicht durch. Stattdessen prallte der Ball vom Schienbein des Stuttgarters Geyer ab und flog in hohem Bogen, unhaltbar für VfB-Torwart Weis ins Tor. Das lang ersehnte und hochverdiente Führungstor für den SV Sandhausen. Nun stand das ganze Stadion und feierte die Schwarz-Weißen auf dem Platz, die ihrem Ziel ganz nahe waren.
Am Ende hatte Stuttgart nochmal eine Riesenchance zum Ausgleich, doch Janzer vergab aus ausichtsreicher Position. Als der Schiedsrichter Rene Rohde das Spiel beendete wurden die 4450 Hände in die Höhe gerissen und ein Jubelsturm brach los.

Kommentar:


Ein hochverdienter, aber knapper Sieg für unseren SVS. Mein Gott war das Spiel spannend, ich hatte schon gedacht, dass unsere Jungs es an diesem Tag nicht mehr schaffen würden, das Siegtor zu erzielen. Dass der Mannschaft nach so vielen Chancen ein Eigentor zum Sieg verhilft sollte nicht im Geringsten stören. Das ist einfach nunmal das Glück eines Aufsteigers. Bemerkenswert fande ich, dass die Mannschaft nach der Enttäuschung in Saarbrücken, die nur vier Tage zurücklag, so eine herausragende Leistung auf den Platz gebracht hat.
Der Aufstieg ist nun so gut wie geschafft, auch weil die Konkurrenz mal wieder gepatzt hat. Sowohl Aalen (0:2 in Babelsberg) und Chemnitz (1:1 gegen Wiesbaden), als auch Heidenheim und Burghausen (1:1 direktes Duell) ließen Punkte liegen.
Am nächsten Samstag sollten alle Sandhausen-Fans nach Münster fahren und ihre Mannschaft gebührend feiern, denn da kann diese dann endgültig alles klar machen, so dass sie auch rechnerisch nicht mehr einzuholen ist.

Trotz all der Freude habe ich auch noch einen negativen Punkt, den ich thematisieren wollte. Gerüchten zufolge möchten die Verantwortlichen des SVS den auslaufenden Vertrag von Roberto Pinto nicht verlängern. Es wäre schade wenn Pinto, wie damals Alf Mintzel, einfach "abgeschoben" werden würde, nach allem, was er in den letzten 5 Jahren für den SV Sandhausen alles geleistet hat. In den nächsten Spielen wird ein Spruchband im Block hochgehalten, auf dem sich für den Verbleib von Roberto Pinto eingesetzt wird.




SV Sandhausen: Ischdonat - Schauerte, Pischorn, Schulz, Kandziora - Fießer - Pinto (86. Kittner), Danneberg, Ulm (81. Glibo), Öztürk (57. Blum) - Löning
VfB Stuttgart II: Weis - Vecchione (83. Röcker), Rüdiger, Geyer, Enderle - Khedira, Rathgeb - Riemann, Holzhauser, Janzer - Benyamina (67. Hemlein)
Gelbe Karten: Danneberg - Holzhauser, Riemann, Rathgeb
Tor: 1:0 Geyer (73. Eigentor)
Zuschauer: 4490
Schiedsrichter: Rohde (Rostock)

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