Sonntag, 25. August 2013

Revier verteidigt [SVS-KSC 1:1]

„Revier verteidigen,“ so hieß es im Vorfeld des Baden-Derbys auf den Plakaten, mit denen der SV Sandhausen für das erste Aufeinandertreffen in einem Ligaspiel der beiden nordbadischen Mannschaften warb. Florian Hübner sorgte kurz vor Ende der Partie dafür, dass dieser Slogan auch in Erfüllung ging, denn durch seinen Treffer hieß es nach 90 Minuten: 1:1, Unentschieden. Revier also verteidigt, aber weiterhin kein Sieg und nur drei Punkte aus fünf Spielrunden. Durch Siege von Paderborn und Dresden könnte der SVS sogar am Montag sogar noch bis auf den 17. Tabellenplatz abrutschen. Trotzdem überwog die Freude am Hardtwald über den späten Ausgleich.

Von Freude bei den Sandhäusern konnte im Vorfeld der Partie keine Rede gewesen sein. Der aus der Karlsruher Jugend kommende Zimmermann zog sich im Abschlusstraining einen Innenbandriss zu und musste nicht nur auf das lang ersehnte Spiel gegen seinen Heimatverein verzichten, sondern wird laut Schwartz „ca. 4-6 Wochen ausfallen.“ Beim Aufwärmen war es dann Schulz, der sich ebenfalls verletzte und so, nach der Gelb-Roten Karte von Kister aus dem Köln-Spiel, als zweiter Stamminnenverteidiger ausfiel. Schwartz brachte Olajengbesi und Hübner, die ihre Sache, außer beim Gegentor, sehr ordentlich machten. Kurios und der Höhepunkt der Demütigung für Marco Pischorn: Der von Schwartz abgeschriebene und als Innenverteidiger Nummer fünf degradierte Aufstiegsheld ist nun wohl nicht einmal mehr die Nummer fünf, für ihn saß nämlich der 19-jährige U23-Spieler Max Müller auf der Bank.

Quelle: boulevard-baden.de
Der KSC hatte die ersten beiden Auswärtsspiele der Saison gewonnen und kam so mit breiter Brust und als Favorit an den Hardtwald. Auch das Stadion war gut zur Hälfte mit Anhängern der Blau-Weißen gefüllt, die auch von Anfang an den Ton angaben. Auf dem Platz war es aber zunächst der SV Sandhausen, der die Spielkontrolle übernahm und auch zu guten Chancen durch Thiede (9. Minute) und Stiefler (11.) kam. Sandhausen zeigte mehr Zug zum Tor und im Offensivspiel zu den letzten Spielen verbessert, was auch viel mit der Hereinnahme von David Ulm zu tun hatte. Er harmonierte, vor allem in der Anfangsphase, gut mit Marco Thiede. Auch der Trainer bescheinigte Ulm später, dass er „auf einem guten Weg“ sei.
Vom Karlsruher SC war in den ersten 20 Minuten überhaupt nichts zu sehen, dann tauchte aber Nazarov allein vor Riemann auf und Olajengbesi klärte im letzten Moment.
Für einen fußballerischen Höhepunkt sorgte wenig später auch Riemann, der meinte seine Dribbelkünste gegen Nazarov zeigen zu müssen.
Der KSC war durch diese Chance in der 20. Minute aber aufgewacht und kam jetzt besser ins Spiel. Es folgten weiter Einschussmöglichkeiten durch van der Biezen (35.) und Krebs (41.), nach einem Abspielfehler von Riemann. Aber auch die Sandhäuser erspielten sich weiterhin Möglichkeiten, Schauertes Distanzschuss verfehlte das gegnerische Tor nur knapp (37.). Torlos ging es in die Pause.

Quelle: rnz.de
In der zweiten Halbzeit passierte fast eine Viertelstunde lang überhaupt nichts. Beide Mannschaften kamen schlecht aus der Halbzeit und schafften es nicht auch nur einen gelungenen Angriff zu initiieren. Bis zur 57. Minute. Yabo spielte in den Strafraum der Hausherren, wo Nazarov goldrichtig und völlig unbedrängt stand und das Spielgerät gemütlich in die linke obere Ecke des Sandhäuser Tors verfrachtete. Keine Chance für Riemann und die Führung für die Gäste. Nur drei Minuten später verpasste es Jovanovic den Ausgleich zu erzielen, als er den Ball nach einem Eckstoß noch übers Tor schob. Der SV Sandhausen gab nach dem Rückstand nicht klein bei und intensivierte seine Offensivbemühungen, Schwartz brachte Löning und Blum für Kulovits und Thiede, ließ also jetzt mit zwei Stürmern spielen. Doch die Sandhäuser taten sich weiterhin schwer. Das Umschalten war zu langsam, die Anspiele in die Spitze zu unpräzise, die Hausherren fanden schlichtweg keine Mittel, die Karlsruher ernsthaft in Verlegenheit zu bringen. Löning wirkte bemüht, aber auch seine Chancen waren nicht sehr gefährlich (80. und 82.). Bis zur 88. Minute sah alles nach dem nächsten Karlsruher Auswärtssieg aus, doch dann kam Hübner, der schaffte, was in letzter Zeit nicht viele gegen den Karlsruher SC geschafft hatten: Ein Tor nach einer Standardsituation. Bei der Schauerte-Ecke stieg er am höchsten und erzielte mithilfe des Innenpfostens den „glücklichen aber nicht unverdienten Ausgleich,“ wie Trainer Schwartz später resümierte.

Nicht unverdient vor allem wegen der ersten Halbzeit, als der SV Sandhausen zumindest phasenweise zeigte, dass er doch weiß, wie Offensivfußball geht. Auch Kapitän Frank Löning bestätigte: „Wir haben vor allem in der ersten Halbzeit ein gutes Spiel gemacht, haben es aber leider versäumt ein frühes Tor zu erzielen.“ Löning lobte auch die „Moral,“ die die Mannschaft nach dem Rückstand gezeigt hat und bezeichnete die Leistung als „ein kleiner Schritt nach vorne.“ So langsam müssen aber Ergebnisse her, denn nur für gute Leistungen gibt es keine Punkte. Das weiß auch Trainer Schwartz: „Im Fußball zählt nicht die B-Note für spielerische Leistungen, sondern nur die A-Note - die Punkte.“ Wenn sich nicht bald ein paar mehr Punkte zu den mageren drei auf dem Sandhäuser Punktekonto gesellen, dann könnte es ganz schnell schwarz um Schwartz werden...



Sandhausen: Riemann - Schauerte, Hübner, Olajengbesi, Achenbach - Linsmayer, Kulovits (67. Löning) - Stiefler (75. Klotz), Ulm, Thiede (67. Blum) - Jovanovic.
Karlsruhe: Orlishausen - Klingmann, Gordon, Mauersberger, Vitzthum - Peitz, Yabo - Alibaz (83. Mast), Krebs - Nazarov (71. Micanski), van der Biezen (90. Hennings)
Schiedsrichter: Kempter (Sauldorf) ; Tore: 0:1 Nazarov (57.), 1:1 Hübner (88.); Zuschauer: 10 600.

Montag, 12. August 2013

Die Angst vorm Siegen [SVS - Cottbus 2:2]

Die gute Nachricht zuerst: Nach fast achteinhalb Stunden ist es dem SV Sandhausen gelungen, mal wieder ein Tor aus dem Spiel heraus zu erzielen. Die schlechte Nachricht: Auch nach dem dritten Ligaspiel warten die Sandhäuser weiter auf den ersten Saisonsieg.
Die Gesichter der Protagonisten waren an diesem Sonntagnachmittag sehr einfach zu deuten. Meist war es eine Mischung aus Enttäuschung und Ratlosigkeit. Selbst ein Jovanovic, der nicht nur den Torfluch besiegte, sondern auch sein erstes Saisontor erzielte und so seinem Trainer das Vertrauen zurückzahlte, konnte nicht fassen was gerade passiert war: „Wenn du 2:0 führst, dann hast du den Gegner in der Hand. Wir haben Angst gehabt. Ich weiß nicht vor was, vielleicht vorm Siegen.“ Tatsächlich ist es jetzt schon eine geraume Zeit her, dass der SV Sandhausen in der Liga als Sieger vom Platz ging. Zuletzt beim 3:1 gegen Ingolstadt, am 4. Mai - das sind über drei Monate!

Dabei sah zunächst alles nach einem ungefährdeten Heimspielerfolg aus. Nach knapp 20 Minuten hatten die elf Pokalhelden den Ball bereits zweimal im Tor der Gäste untergebracht. Die Zuschauer im Hardtwaldstadion mussten nicht lange warten, bis sie das erste Mal jubeln durften. Bereits nach neun Minuten erzielte Julian Schauerte per Strafstoß die Führung für die Hausherren, die von Anfang an engagiert zu Werke gingen. Kister war zuvor im Strafraum zu Fall gekommen. Nur zwei Minuten nach dem Elfmeter hätte es fast ein zweites Mal im Tor der Gäste eingeschlagen, Schulz kam nach einem Achenbach-Freistoß aus kurzer Distanz zum Kopfball, doch Energie-Schlussmann Almer war zur Stelle.
Cottbus wollte in der Folge den Ausgleich, doch das bot Sandhausen Räume zum Kontern. So auch beim 2:0, als Zimmermann nach Ballgewinn schnell schaltete und Jovanovic mit einem langen Ball in Szene setzte. Jovanovic zeigte, warum Sandhausen ihn geholt hatte, als er Almer umkurvte und einschob.
Cottbus zeigte sich jedoch unbeeindruckt und machte weiter das Spiel. Nachdem fast eine halbe Stunde am Hardtwald gespielt war, gelang dann den Lausitzern der Anschlusstreffer. Sanogo spielte Kruska in guter Schussposition an und dieser hämmerte den Ball in die Maschen. Riemann sah beim Gegentor etwas unglücklich aus, er stand zu weit vor dem Tor und zeigte keinerlei Reaktion. Diese erste Szene im SVS-Trikot, in der er nicht gut aussah, verunsicherte Riemann offenbar, zeigte er doch in der Folge weitere Unsicherheiten bei hohen Bällen und Eckstößen. Bis zum Ende der ersten Hälfte passierte nicht mehr viel und so lautete die allgemeine Frage im Hardtwaldstadion: Schafft es Sandhausen die Führung auch in der zweiten Hälfte zu behalten?

von rp-online.de
Für die Antwort sorgte Boubacar Sanogo nach fast einer Stunde. Stiepermann überwand die schlafmützige SVS-Abwehr durch einen mustergültigen Pass auf den Ivorer, der Riemann umspielend den Gleichstand herstellte. Der Ausgleich hatte sich angekündigt. Zwar hatten die Sandhäuser nach der Pause eine hochkarätige Chance durch Knoll, aber danach zog die Energie ihren berüchtigten Offensivfußball auf und setzte das Tor der Hausherren gehörig unter Druck. Auch nach dem Tor spielten die Lausitzer den besseren Fußball, die Sandhäuser wollten zwar, aber blieben gerade im Angriffsspiel etwas unglücklich, auch die Einwechslungen von Ulm, Stiefler und Löning brachten keinen Erfolg. Immerhin hatte sich Riemann wieder gefangen und brillierte mit schönen Paraden. Am Ende musste sich Sandhausen mit dem einen Punkt zufriedengeben, war Cottbus doch vor allem in der zweiten Hälfte spielerisch überlegen.

Das findet auch Geschäftsführer Otmar Schork: „Nach der 2:0-Führung hab ich mehr erwartet, aber Cottbus war am Ende klar besser.“ Die Spieler versuchten nach dem Spiel zu analysieren, was in der zweiten Halbzeit, nach der Zwei-Tore-Führung, passiert war. Jovanovic beschrieb dies am passendsten: „Es gab einige Situationen, in denen wir keine Ruhe hatten. Da haben wir unnötig Bälle abgegeben.“ Auch Schwartz sprach von vielen „Annahme- und Passfehlern“ und davon, dass seine Mannschaft in der zweiten Hälfte „immer einen Schritt zu spät“ war.
Das Offensivspiel stockt weiter, trotz des einen Tores aus dem Spiel heraus, Kulovits bringt es auf den Punkt: „Uns fehlt die letzte Wille, die Kaltschnäuzigkeit im Sechzehner.“

Mit dem Toreschießen kennt sich eigentlich ein Frank Löning aus, der heute aber wieder gegenüber Jovanovic den Kürzeren zog. Mit den elf Saisontoren der letzten Saison hatte der 31-Jährige eigentlich die Latte für diese Saison hochgesetzt, doch eine Entzündung im Knie warf ihn zurück und jetzt kommt er nicht richtig in Tritt. Löning bestätigt: „Ich bin noch nicht ganz fit.“ Jedoch könne er mit der Situation gut umgehen, stelle sich in den Dienst der Mannschaft und strenge sich an, baldmöglichst wieder in die diese zu kommen.
Bald könnte es aber noch schwerer werden, denn die Verantwortlichen wollen wohl noch einen Stürmer holen. (Un)Stürmische Zeiten also für Löning.
In einer noch schlechteren Position befindet sich Aufstiegsheld Marco Pischorn. Unter Schwartz ist er aufs Abstellgleis geraten; ihm wurde vergangene Woche mitgeteilt, dass er nur noch Stürmer Nummer fünf ist, hinter Kister, Schulz, Olajengbesi und Hübner. Äußerst bitter für einen Spieler mit seinen Verdiensten.

Am Samstag geht es nach Köln und Jovanovic ist „guter Dinge, denn wir haben uns, bis auf diese zweite Halbzeit heute, in der Saison gut präsentiert.“ Eins sollten die Sandhäuser in Köln aber besser nicht haben, denn irgendwann müssen die Punkte her: Angst vorm Siegen.


Sandhausen: Riemann - Schauerte, Kister, Schulz, Achenbach - Zimmermann, Kulovits - Klotz (79. Ulm), Thiede, Knoll (67. Stiefler) - Jovanovic (79. Löning)
Cottbus: Almer - Schulze, Möhrle, Börner, Bittroff - Banovic, Kruska - Takyi (83. Susic), Fomitschow (67. Rivic) - Stiepermann, Sanogo (75. Mosquera)
Schiedsrichter: Petersen (Stuttgart) - Zuschauer: 3200 - Tore: 1:0 Schauerte (9./Foulelfmeter), 2:0 Jovanovic (21.), 2:1 Kruska (29.), 2:2 Sanogo (58.) 

Montag, 5. August 2013

Riemann, Sandhausen und der Pokal [SVS - FCN 5:4 n.E.]

Achtzehn Jahre ist es jetzt her, dass der damals viertklassige SV Sandhausen den in der Bundesliga spielenden und sehr erfolgreichen VfB Stuttgart mit 15:14 nach Elfmeterschießen aus dem DFB-Pokal fegte. Im Vorfeld des diesjährigen Pokalspiels gegen den 1. FC Nürnberg hatte der Verein ein kleines Video der Sensation von 1995 zusammengestellt, der Glaube an eine erneute Pokalsensation war am Hardtwald schon vor der Partie überall deutlich zu spüren. Und tatsächlich sollte es wieder ein denkwürdiger Pokalabend werden. Wieder gab es ein Elfmeterschießen, wieder war der Tatort das Sandhäuser Hardtwaldstadion und wieder ging der SV Sandhausen als überraschender Sieger vom Platz - der neunmalige Deutsche Meister und viermalige DFB-Pokalsieger Nürnberg wurde mit 5:4 n. E. wieder nach Hause geschickt. Am Hardtwald gab es kein Halten mehr. 
Ein Name kam besonders oft in den Sprechchören der Sandhäuser Fans vor: Manuel Riemann. Der Neuzugang vom VfL Osnabrück und die neue Nummer 1 des SV Sandhausen avancierte, wie schon 2007 gegen Bayern München, an diesem Abend zum Pokalhelden, denn er hielt zwei Elfmeter in überragender Manier und war auch bei den anderen drei immer in der richtigen Ecke.

Doch es gab zuvor auch ein Spiel, in dem die Spieler des SV Sandhausen aufopferungsvoll kämpften und sich den Sieg redlich verdienten:

Bei der Bekanntgabe der Aufstellungen gab es gleich mehrere Ausrufezeichen: Jovanovic spielte für Kapitän Frank Löning, Riemann für Knaller, Thiede für Adler. Kulovits sollte die Kapitänsbinde tragen. Alle drei Änderungen sollten später das Vertrauen des Trainers mehr als zurückzahlen.

Schon mit dem Anfangspfiff des Schiedsrichters war klar: Die Sandhäuser rechneten sich an diesem Sonntagabend etwas aus. Nach fünf Minuten war der SV Sandhausen schon zweimal durch Thiede und einmal durch Jovanovic zum Abschluss gekommen. Es zeigte sich schon in dieser Anfangsphase, dass sich die Hereinnahmen bezahlbar machten. Nach dem mit einem Punkt aus zwei Spielen eher mäßigen Zweitligaauftakt kam im Vereinsumfeld Kritik auf, Trainer Alois Schwartz würde zu defensiv spielen lassen. Die Antwort des Trainers war wohl die Einsatzchance für Thiede, der mächtig Dampf auf der Zehn machte und sich auch für kein Kopfballduell, trotz seiner geringen Körpergröße zu schade war.
Nachdem der SVS in der Anfangsviertelstunde das tonangebende Team war, nahm der 1. FC Nürnberg das schnelle Anfangstempo danach raus und übernahm so langsam die Kontrolle über das Spiel. Doch die Sandhäuser hielten zumindest kämpferisch dagegen. Überhaupt war es ein sehr kampfbetontes Spiel. Beide Mannschaften gingen mit 100 Prozent in die Zweikämpfe, was insgesamt zu neun Gelben Karten (vier Sandhausen, fünf Nürnberg) führte.
Nach etwa 20 Minuten verstärkte Nürnberg dann den Druck auf das Sandhäuser Tor. Zwar waren die Torabschlüsse nicht wirklich zwingend, allerdings kamen die Sandhäuser nicht einmal mehr aus ihrer eigenen Spielhälfte heraus. In der 27. Minute war es dann soweit.
Mak hebelte mit seinem Pass durch die Schnittstelle einmal die komplette Sandhäuser Abwehr aus und Ginczek bedankte sich bei Mak, indem er durch Riemanns Beine ins Tor der Hausherren einschob.
Sandhausen wirkte in der Folge zwar bemüht, den Ausgleich zu erzielen, es fehlte aber die nötige Durchschlagskraft. Die Partie verflachte zunehmend. Vor allem die Sandhäuser Flanken in den Strafraum waren zu ungenau und fanden keinen Abnehmer. Erst kurz vor dem Halbzeitpfiff sorgte Achenbach eher unfreiwillig für den Weckruf. Der von ihm aus dem rechten Halbfeld ausgeführte Freistoß landete nicht wie geplant bei seinen Mitspielern, sondern beinahe im Tor, doch Club-Torwart Raphael Schäfer war zur Stelle.

Alois Schwartz‘ Halbzeitansprache hatte wohl Wirkung gezeigt. Die Sandhäuser spielten wie schon zu Beginn der Partie mutig nach vorne, sie wollten den Ausgleich. So kamen die Hausherren wieder durch Thiede und Jovanovic zu guten Chancen. Doch diesmal wurde die Drangphase der Sandhäuser auch belohnt. Bei einem Sandhäuser Freistoß in der 58. Minute umklammerte Chandler Marvin Knoll und brachte ihn im Strafraum zu Fall. Schiedsrichter Norbert Grudzinski zeigte auf den Punkt und Julian Schauerte verwandelte souverän zum 1:1-Ausgleich.
Die Stimmung am Hardtwald kochte jetzt hoch. Das Sandhäuser Publikum glaubte jetzt an die Pokalsensation und feuerte seine Mannschaft frenetisch an, die angereisten Nürnberger machten ihrem Frust Luft, indem sie eine kleine Pyroshow veranstalteten.
Sandhausen war nach dem Ausgleich das bessere Team und wollte den Sieg gegen den großen FC Nürnberg in der regulären Spielzeit schaffen, allein am Torabschluss scheiterte es. Von den Nürnbergern kam nicht mehr viel, sodass es nach 90 Minuten hieß: Verlängerung in Sandhausen!


In der ersten Hälfte der Verlängerung war es auf einmal wieder Nürnberg, das den Ton angab und so zu hochkarätigen Chancen durch Drmic und Frantz kam. Sandhausen war weiter sehr engagiert, bemüht und auch physisch noch auf dem Damm, konnte sich jedoch keine nennenswerten Chancen herausspielen.
In der zweiten Hälfte der Verlängerung hatten die Sandhäuser wieder spielerisches Übergewicht, da diese aber nicht in der Lage waren, ihre Konter zu Ende zu spielen, fand die Partie auch nach 120 Minuten keinen Sieger, gleichbedeutend mit einem Elfmeterschießen. 
Alle Augen waren jetzt auf Riemann gerichtet und aus dem Sandhäuser Fanblock schallten Anfeuerungssprechchöre. 
„Ich habe keinen Zettel gehabt, sondern mich einfach auf mein Gefühl verlassen,“ schilderte Riemann nach dem Spiel seine Elfmeterschießen-Taktik. Auf sein Gefühl sollte Riemann im Leben wohl öfter hören, denn er hielt die eigentlich nicht schwach geschossenen Elfmeter von Balitsch und Plattenhardt und behauptete später sogar: „Ich hätte eigentlich alle vier halten können, ich war immer in der richtigen Ecke.“

Trainer Alois Schwartz wirkte überglücklich über diesen unverhofften Sieg: „In den ersten beiden Ligaspielen haben wir viel gesät, aber nichts geerntet. Jetzt haben wir uns belohnt.“ Das Manko des Torabschlusses bleibt aber trotz des Sieges weiter bestehen, davor verschließt auch Schwartz nicht die Augen. Seine Mannschaft müsse vor dem Tor noch „cleverer und kaltschnäuziger“ werden, er sei aber „zuversichtlich“ und man wolle „den Schwung mitnehmen,“ in den Ligaalltag. Dort empfängt der SVS am nächsten Sonntag Energie Cottbus. Zwei Matchwinner werden dann wahrscheinlich wieder in der Startelf stehen: Manuel Riemann und Marco Thiede. Der junge Neuzugang aus Augsburg bekam viel Lob von Schwartz: „Thiede hat gut gearbeitet und sich auch heute stetig gesteigert. Er wurde immer frecher.“

Alles in allem kann man von einem doppelten Déjà-vu an diesem Abend sprechen: Der SV Sandhausen schreibt wie vor achtzehn Jahren Geschichte, indem er als Underdog einen Erstligisten im Elfmeterschießen aus dem Pokal wirft und Manuel Riemann hält, wie schon 2007 gegen Bayern München, zwei Elfmeter. Damals verwandelte Riemann sogar selbst einen - gegen Oliver Kahn. Auf die Frage, wer der fünfte Schütze gewesen wäre, antwortete Schwartz: „Riemann.“ Zu dieser Wiederholung kam es dann aber nicht.


Sandhausen: Riemann - Schauerte, Kister, Schulz, Achenbach - Zimmermann, Kulovits (7. Linsmayer) - Klotz, Thiede, Knoll (70. Löning) - Jovanovic (79. Blum).
Nürnberg: Schäfer - Chandler, Nilsson, Pogatetz, Pinola (113. Plattenhardt) - Balitsch - Kiyotake, Gehart (68. Frantz), Feulner, Mak (88. Drmic) - Ginczek.
Schiedsrichter: Grudzinski (Hamburg)
Zuschauer: 7300
Tore: 0:1 Ginczek (27.), 1:1 Schauerte (58., Foulelfmeter). 
Elfmeterschießen: 1:2 Kiyotake, 2:2 Schauerte, Riemann hält gegen Balitsch, 3:2 Löning, 3:3 Ginczek, 4:3 Achenbach, 4:4 Nilsson, 5:4 Blum, Riemann hält gegen Plattenhardt. 

Freitag, 2. August 2013

Interview mit clubfans-united.de vor dem DFB-Pokalspiel gegen den 1. FC Nürnberg

Anfang der Woche wurde ich von der Nürnberger Fanseite Clubfans-United angeschrieben, ob ich denn bereit sei, vor dem anstehenden DFB-Pokalspiel ihres FCN in Sandhausen, ein Interview mit ihnen zu führen. Folgendes ist dabei entstanden. Viel Spaß beim lesen!
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[Clubfans United] Hallo Julian! Schön, dass wir auch bei so einem kleinen Klub wie dem SV Sandhausen einen Interview-Partner aus der Fanszene gefunden haben. Wenn wir richtig recherchiert haben, schreibst Du aber auf Deinem Blog gar nicht mehr so viel und hast die Berichterstattung über den SV Sandhausen auf Deine Facebook Seite verlegt. Warum ist das so?
[Julian] Hallo Stefan, der Schein trügt. Im letzten halben Jahr war ich sehr mit meinem Abitur beschäftigt, deswegen musste ich die Berichterstattung auf meinem Blog leider etwas zurückschrauben, weil sie zu viel Zeit in Anspruch genommen hat. In der neuen Saison werden aber wieder regelmäßig Artikel veröffentlicht.
[Clubfans United] Was macht den SV Sandhausen so besonders?
[Julian] Ich weiß nicht, wie es für andere ist, aber für mich sind es vor allem die Menschen, das Umfeld, die Mentalität, die Ruhe und die Nostalgie. Ich selbst komme nicht aus Sandhausen, sondern aus Heidelberg. Als mich mein Opa vor ca. 7 Jahren das erste Mal auf ein Spiel mitnahm, hab ich mich sofort verliebt und sogleich heimisch gefühlt, in diesem kleinen, schmucken Stadion, mitten im Wald. Die Menschen sind hier aufgeschlossener als in der Stadt (Heidelberg) und in unserem Stadion finden sich größtenteils noch einfache Leute und keine Anzugträger, die in ihrer Loge sitzen und sich nicht im Ansatz für Fußball interessieren. Ich glaube, hier gibt es noch diese alte Atmosphäre bei Fußballspielen, die aus einer Zeit stammt, als der Fußball noch nicht kommerzialisiert war. Durch die sportlichen Erfolge in den letzten Jahren gibt es aber auch hier eine Entwicklung davon weg.
[Clubfans United] Dem SV Sandhausen und dem 1. FC Nürnberg verbindet spontan eine Gemeinsamkeit. Beide Vereine profitierten in ihrer Geschichte von Lizenzentzügen anderer Vereine. In der Saison 94/95 blieb der Club dank des Lizenzentzugs von Dynamo Dresden in der zweiten Liga. Für uns Fans war das damals wie Geburtstag und Weihnachten zusammen. Im darauf folgenden Jahr stieg man aber sang- und klanglos in die Regionalliga ab. Wie fühlt sich der überraschende Ligaverbleib in Sandhausen an und wie zuversichtlich ist man, dass einem nicht das gleiche Schicksal wie dem 1. FC Nürnberg ereilt?
[Julian] Klar ist: Wir haben eine richtig miese erste Zweitligasaison gespielt und hätten verdient absteigen müssen. Dann kam der plötzliche Lizenzentzug – eine Riesensache, wir haben unverhofft eine zweite Chance erhalten. Natürlich ist die Freude sehr groß, aber es tut mir auch für einen Traditionsverein wie den MSV Duisburg sehr leid. Dass uns das gleiche Schicksal wie Nürnberg ereilt, kann durchaus sein, davor haben, glaube ich, auch die Verantwortlichen etwas Angst. Nicht anders ist die Flut von 16 Neuzugängen zu erklären. Ob das gut geht – ich hoffe es, zumindest wurde diesmal sehr viel Qualität und auch Erfahrung verpflichtet. Es wäre schön, wenn der Klassenerhalt diesmal sportlich gelingen würde.
[Clubfans United] In der näheren Umgebung von Sandhausen liegen mit Karlsruhe, Kaiserslautern, Frankfurt, Stuttgart und Hoffenheim (leider!) fünf etablierte Profiklubs. Keine guten Bedingungen für einen kleinen Verein wie den SV Sandhausen. Welche Auswirkungen hat dies auf die Fanszene des SVS und bestehen Sympathien zu den anderen Vereinen in der näheren Umgebung? Immerhin liegt Sandhausen im Regierungsbezirk Karlsruhe und im Rhein-Neckar Kreis.
[Julian] Ja, die großen Traditionsvereine in unsere näheren Umgebung machen uns natürlich zu schaffen, nicht umsonst haben wir den schlechtesten Zuschauerschnitt der 2. Bundesliga. In den letzten Jahren entwickelt sich da aber was. Die Fanszene wächst stetig und auch die Freundschaft mit den Fans des VfR Aalen tut uns sehr gut. In der Vergangenheit hatten die aktiven Fans immer wieder mit Stadionverboten zu kämpfen, was bei solch einer kleinen Zahl verheerende Auswirkungen hatte. Jetzt ist eine junge Generation nachgekommen und ich bin recht zuversichtlich, was die Zukunft der Fanszene in Sandhausen betrifft. Zu den Sympathien: Die gibt es eher weniger. Gerade Hoffenheim ist uns Sandhäusern (es heißt nicht Sandhausener!) ein Dorn im Auge. Seit Jahren wird auf den Tag gewartet, an dem es heißt: Sandhausen gegen Hoffenheim. Danach sehnen sich alle im kleinen Sandhausen: Den mit unerschöpflichem Reichtum ausgestatteten Retortenklub aus dem Kraichgau in die Schranken zu weisen.
[Clubfans United] Der SV Sandhausen war schon 2x Deutscher Amateurmeister, ein Dutzend mal Badischer Pokalsieger und Teilnehmer am DFB-Pokal. Warum hat es erst so spät mit dem Aufstieg in die zweite Liga geklappt?
[Julian] Sandhausen spielte jahrelang viertklassig, in der Oberliga Baden-Würtemberg. Die Sandhäuser wurden von der Presse schon spöttisch als “die Unaufsteigbaren” bezeichnet, weil man oft am Aufstieg in die drittklassige Regionalliga scheiterte. Der Aufstieg gelang dann endlich im Jahre 2007. Von da ab ging es steil aufwärts. Erst meisterte man noch im gleichen Jahr die Qualifikation zur eingleisigen 3. Liga und dann gelang im letzten Jahr sogar der Aufstieg ins Unterhaus des Deutschen Fußballs. Der SV Sandhausen ist im Profifußball angekommen und ich bin sehr stolz darauf. Warum es so lange gedauert hat? Ich weiß es nicht. Vielleicht weil professionelles Wirtschaften seine Zeit braucht. Wir hatten (zum Glück) keinen “Sponsor”, der uns mit seinem Geld mal eben mit Raketenantrieb in den Profifußball katapultiert hat. Herrn Hopp hatte es übrigens sogar versucht. 2005 wollte er einen Fusionsklub aus Hoffenheim, Walldorf und Sandhausen schaffen. Dieser neue Verein sollte dann den Namen FC Kurpfalz Heidelberg haben. Der Knackpunkt: Der SV Sandhausen sollte nur als Farmteam herhalten und unser stolzer Präsident Jürgen Machmeier sah das unter keinen Umständen ein. Vielleicht war dieser Drang nach Eingenständigkeit auch die Initialzündung, denn der Aufstieg folgte bekanntlich nur ein Jahr später…
[Clubfans United] In eurem Kader steht für uns Clubfans ein alter bekannter, Nicky Adler. In Nürnberg kam er über den Status “ewiges Talent” nicht hinaus, wie sieht das in Sandhausen aus?
[Julian] Nicky Adler ist schnell, kämpferisch und gibt immer alles auf den Platz. Das sind Eigenschaften, die ich an Fußballern sehr schätze. An seiner Technik muss er allerdings noch etwas feilen. Oftmals kommen seine Flanken nicht an. Allerdings muss man dazu sagen, dass er letzte Saison auch lange verletzt war, sonst hätte er wahrscheinlich auch öfter als vierzehn Mal gespielt. Er muss sich diese Saison auf jeden Fall beweisen. Am vergangenen Wochenende gegen Aue spielte er von Anfang an, allerdings völlig ungewohnt auf der Zehnerpositionen. Es war ihm sichtlich anzumerken, dass er da nie spielt…Ich traue ihm aber sehr viel zu, vorausgesetzt er bleibt dieses Jahr gesund.
[Clubfans United] Was wird den 1. FC Nürnberg in Sandhausen erwarten?
[Julian] Das wunderschöne, alte Hardtwaldstadion, nette Menschen, ein hoffentlich nicht einseitiges Spiel und mögliche große Wartezeiten an den Verpflegungshäuschen. Der Verein war in der Sommerpause der Meinung, dass man einen neuen Caterer einstellen und der Wirtin des Hardtwaldrestaurants, Ingrid, diese Aufgabe wegnehmen müsse. Ein wohl fataler Fehler. Schon beim Spiel gegen Aalen kam es massenhaft zu Staus an den Ständen. Davor hat das immer geklappt, leider auch ein Teil vom Fluch des Erfolgs.
[Clubfans United] Wir danken für das Interview und wünschen ein gutes Spiel!
[Julian] Danke, ebenfalls. Genießt euren Besuch!

Das Interview gibt es auch auf Clubfans-United zu lesen!