Quelle: Sport1.de |
Doch die Fans hatten ihre Rechnung ohne den eingewechselten Nicky Adler gemacht. Der 28-Jährige war erst fünf Minuten zuvor für Stiefler gekommen und versetzte jetzt das Hardtwaldstadion mit seiner Direktabnahme in Ekstase. Es war die letzte Aktion der Partie. Schiedsrichter Patrick Ittrich, der an diesem Tag vor allem durch kleinliche Entscheidungen und überschnelle Gelbe Karten aufgefallen war, pfiff nur kurz danach ab und ließ so die Sandhäuser über drei hochverdiente Punkte jubeln.
„Ich sehe die Chance, treffe den Ball nicht richtig, aber er ist drin,“ lautete die Beschreibung des Torschützen. Adler war in dieser Saison bisher nicht sehr oft zum Zuge gekommen. Er wurde dreimal nur für die Schlussphase eingewechselt. Doch er hat sich nicht aufgegeben, für seine Chance gekämpft und „war sich sogar nicht zu schade in der zweiten Mannschaft zu spielen, wo er in zwei Spielen zweimal das Siegtor erzielte“ wie Geschäftsführer Otmar Schork verriet. So auch an diesem Sonntag. Trainer Schwartz nannte die Einwechslung seines Schützlings „eine Eingebung,“ wäre Adler doch im Training unter der Woche stark vorm Tor gewesen. Im Gegensatz zu den anderen Sandhäusern an diesem Tag.
„Es war zur Halbzeit schon nur eine Frage der Zeit, bis wir treffen, aber, dass es so lange gedauert hat...,“ wunderte sich Adler ebenfalls über das Unvermögen seiner Teamkameraden vor dem Tor.
Julian Schauerte, der in der 76. Minute einen Strafstoß verschoss, meldete sich nach dem Spiel zu Wort und bedankte sich bei seinen Kollegen, die ihm mit dem späten Tor „den Arsch gerettet“ hätten. Der Rechtsverteidiger hatte bisher gegen Cottbus und Nürnberg (2) insgesamt drei Elfmeter in dieser Saison verwandelt, am vierten scheiterte er, vermutlich auch, weil es knapp drei Minuten dauerte, bis VfL-Ersatztorhüter Esser zwischen den Pfosten stand, nachdem Stammkeeper Luther nach seinem Foul an Jovanovic mit Rot vom Platz gestellt wurde.
Zum ersten Mal in dieser Saison begann der SV Sandhausen mit zwei Spitzen, Löning durfte also mal wieder von Beginn ran und spielte neben Jovanovic. Kulovits musste für ihn weichen, Linsmayer nahm den Platz des alleinigen Sechsers ein.
Nach kleinen Anfangsschwierigkeiten übernahmen die Schwarz-Weißen nach und nach die Spielkontrolle und erzielten in Person von Löning sogar nach 28 Minuten ein Tor - das aber wegen Abseits nicht gegeben wurde. Kurz darauf (34. Minute) war es wieder Löning, der einen Kopfball von Thiede volley verwertete und so Bochum-Schlussmann Luthe Probleme bereitete. Auch nach fast einer Stunde fand Löning ein weiteres Mal seinen Meister in Luthe. Ulm hatte den Sandhäuser Kapitän in der Spitze angespielt, sodass dieser nur noch Luthe vor sich hatte, der Bochumer blieb aber wieder der Sieger. Am Ende standen 15 Torschüsse für die Sandhäuser zu Buche.
Trotz der miserablen Chancenverwertung, resümierte Trainer Alois Schwartz: „Die zwei Spitzen haben sich bewährt. Wir wollten mehr Druck auf den Gegner ausüben, das ist uns gelungen. Außerdem haben wir uns viele Chancen herausgespielt, das sah gegen Kaiserslautern ganz anders aus.“
Peter Neururer hätte sich von seiner Mannschaft, von der „keiner heute die Normalform erreicht hat,“ in Unterzahl etwas mehr „Cleverness und Abgebrühtheit“ erhofft und gratuliert Sandhausen: „Aufgrund der Summe von Möglichkeiten war die Niederlage verdient.“
Ganz anders waren also die Kräfteverhältnisse als noch im April dieses Jahres. Bochum besiegelte damals den sportlichen Abstieg der Sandhäuser. An diesem Tag war es ganz anders. Zu der Frage, was sich im Vergleich zum letzten Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften geändert habe, antwortete Neururer ganz direkt: „Sandhausen war heute eine Klasse besser, wir eine schlechter.“
Sehr auffällig erscheint mit Blick auf die Tabelle, wie ausgeglichen die 2. Bundesliga dieses Jahr ist. Platz 4 und 15 trennen gerade einmal vier Punkte. „Die Leistungsdichte wurde sehr zusammengeschoben“ bestätigte Neururer. Und auch Ulm hob die Ausgeglichenheit der Liga heraus: „Jeden Gegner kann man schlagen, aber auch geschlagen werden.“
An diesem Spieltag gab es von Seiten des Vereins auch eine wichtige Aktion. Die kleine Emily, das Patenkind eines Mitglieds des Sandhäuser Fanclubs „Syndikat 1916“, ist schwerkrank, sie leidet an Krebs und wird den Kampf wohl verlieren. Sie wünscht sich nichts sehnlicher als das Meer zu sehen. Zu diesem Zweck spendete die Mannschaft 1916 Euro und auch das Publikum wurde an diesem Tag zu Spenden gebeten. So sind am Ende vermutlich die 4000 Euro zusammengekommen, die zu dem zweiwöchigen Urlaub auf Teneriffa, gemeinsam mit den Eltern, notwendig waren. „Ihre Geschichte bewegt und berührt uns und ich hoffe, wir haben ihr einen schönen Tag bereitet,“ sagte Schork. Das haben die Sandhäuser tatsächlich gemacht. Nach dem Sieg trug Kapitän Frank Löning die kleine Emily auf dem Arm zu den Fans, wo mehrere hundert Stimmen ihren Namen immer und immer wieder riefen.
Die entscheidende Flanke zum Adler-Tor schlug übrigens Timo Achenbach, dessen Frau zehn Minuten vor Ende der Partie anrief, um Nachricht zu geben, dass das erwartete Kind komme. Sie versprach noch zu warten und Achenbach durfte bis zum Ende spielen - zum Glück, für den SVS. „Das sind Geschichten, die nur der Fußball schreibt,“ verkündete Schwartz feierlich, als er auf der Pressekonferenz den versammelten Journalisten diese Anekdote zum Besten gab.
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